Zensurprovider: Manitu macht nicht mit

Die Webseite http://zensurprovider.de/ listet übersichtlich den Stand der Dinge „unserer“ Provider auf. Ihr seht, welche Provider sperren, blocken, VDS (nicht) mitmachen usw. Besuch wert!

Manitu zum Beispiel, ein Anbieter der eine 9,99 € Flatrate via T-DSL-Anschluss verkauft, speichert nicht, sperrt nicht und will gegen das neue Gesetz klagen bis zur letzten Instanz. Meine Empfehlung hat diese Firma.

Unschuldsvermutung ausgehebelt

Ich habe wirklich Angst. Ich fühle mich unwohl, ich surfe inzwischen mit äußerster Vorsicht. Und das wird sich verschlimmern, denn im Rahmen des Gesetzesentwurfs zu den neuen BKA-Sperrlisten sagt man der Unschuldsvermutung ade.

Kurz: Bereits der ungewollte Aufruf einer Seite die zu einem STOPP-Schild führt reicht aus um sich strafbar zu machen. Das BKA soll „Live“-Ermittlungen durchführen und so die Inhaber der IPs, die eine gesperrte Seite aufzurufen versuchen, direkt ermitteln können. Diese müssen dann beweisen, dass sie die gesperrte Seite nicht besuchen wollten, um an kinderpornographisches Material heranzukommen. Kann man dies nicht darlegen, gilt man als schuldig und kann mit 2 Jahren Gefängnis rechnen.

Ein paar einfache Gründe, sich schuldig im Sinne der n.v. Ankläger, also dem BKA, zu machen:

– Browser-Cache lädt Seiten voraus
– Links zu gesperrten Seiten in Kurz-URLs oder Ähnlichem
– Man kann nicht wissen welche Seiten man nicht mehr besuchen darf, da die Liste geheim ist
– Zombi-PCs steuern gezielt (Bt-Netze etc.) solche Seiten an
– versteckte Pixel-Iframes
– etc.

Jetzt kann man nur hoffen, dass das  Verfassungsgericht dieses Gesetz, alsbald es verabschiedet und in Kraft ist, schlucken wird – Kläger wird es wohl genügend geben.

BKA-Sperrliste: Aufweichung der Sperrgründe und Log-Dateien

Und täglich grüßt das Murmeltier, könnte man meinen.

Zunächst einmal zur Erklärung: Alle Details, die zur  geplanten Kipo-Sperre bekannt waren, basierten bisher auf einem Arbeitsentwurf, der im Internet veröffentlicht wurde, und den öffentlichen Auftritten / der Präsentation in in den Median. Das öffentliche Interesse wurde geweckt, die Öffentlichkeit mit Beschwichtigungen (Es geht um KiPo, nicht um Zensurmaßnahmen usw.) ruhig gehalten. So weit so schlecht: Ein Vertrag mit den Providern Telekom, Arcor, Alice, Vodafone und O2 wurde unterzeichnet. Wolle man der Maßnahme entgehen, müsste man sich einen neuen Provider suchen. Bis es Gesetz wird: Da hilft nur noch eine Klage in Karlsruhe..

Soweit zur Auffrischung.

Nun liegt der jüngste Entwurf der Gesetzinitiative bei heise online vor. Und ratet mal! Der Entwurf enthält gravierende Änderungen – und Widersprüche entgegen der Aussagen der Initiatoren vor der Mainstream-Presse.

Ist auf dem Entwurf des „STOPP“-Schilds noch davon zu lesen, das keine IP-Adressen oder andere Daten des Aufrufenden beim BKA gespeichert werden, so beinhaltet der neue Gesetzesentwurf doch genau das: Die Zugangsanbieter sollen die STOPP-Seiten (nun) selbst hosten UND Zugriffs-IP Adressen speichern sowie auf Anfrage an das BKA weiterleiten.

Weitere gravierende Änderungen:

– War zuvor von der Sperrung von außereuropäischen Webseiten die Rede, auf die man keinen physischen Zugriff habe, so sprechen wir nun von einer Wildcard: Die Rede ist von  *** vollqualifzierten Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten ***.

Mitinbegriffen nicht mehr nur kinderpornographische Angebote an sich, sondern auch Webseiten, „deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen“. Folge ich nun dem Landgericht Karlsruhe, so verweist man ja schon auf Kinderpornographie, wenn man auf ein Blog verweist, das auf Wikileads verweist. Oder so ähnlich. Ergo: Der ungehinderten, weitgehend unbemerkten Zensur wird Tür und Tor geöffnet.

– Zudem sollen die Provider eine anonyme Statistik erstellen und dem BKA zugänglich machen.

– Technisch gesehen wird eine Sperrung auf Ebene des DNS verlangt – den Providern ist es aber erlaubt, selbst kreativ zu werden: Sie dürfen auch beliebige andere Wege zur Sperre einrichten.

Zu guter letzt begründet die Regierung das Gesetz mit der angeblich um 111% angestiegenen Besitzverschaffung kinderpornographischen Materials. „Bilder im Internet würden zunehmend Gewaltausübungen gegen Kleinkinder oder sogar Kleinstkinder zeigen [ Hey, Föten fehlen! ], „die schwer missbraucht und misshandelt werden“. Der Großteil der Kinderpornographie im Web werde mittlerweile über kommerzielle Server verbreitet, die in Drittländern außerhalb der EU lägen“. Diese These wurde von diverser Fachpresse, ausführlich durch die c’t Ausgabe 09/09, wiederlegt.

Sei’s drum, merkt das dumme Wahlvolk schon nicht.

Internetsperren – Warum missbrauchte Kinder erneut missbraucht werden

ScheuklappenWas ich von Laiens, pardon, Leyens Umsetzung zur Erschwerung vom Aufruf von kinderpronografischen Seiten halte, brauche ich wohl kaum mehr bloggen. Zensur offen durch die Hintertür, unter dem perversen Vorwand, man würde so gegen die ach so milliardenschwere KiPo-Industrie vorgehen und den Umsatz der Produzenten solcher Produzenten des Grauens einbrechen lassen. In Wahrheit basieren die Zahlen und Statistiken lediglich auf gemutmaßten Hochrechnungen:

Quelle: Spiegel.de
Die Schätzung von täglich 450.000 kinderpornografischen Web-Seiten-Zugriffen in Deutschland basiert beispielsweise auf der proportionalen Hochrechnung der in Skandinavien beobachteten Zugriffe auf gesperrte Seiten. Sie ist damit eine imaginäre Zahl, eine reine Vermutung, die trotzdem kaum in Frage gestellt wird: Niemand weiß zurzeit wirklich, wie viele Menschen in Deutschland auf solche Angebote zugreifen.

Nicht nur das: So fließen in Layen’s Zahlen auch Statistiken des BKA ein, die z.B. 15.000 Verdächtige der OP „Himmel“ einfließen lassen – Lt. Spiegel ist niemand, ja wirklich niemand auf Grundlage dieser teils in Deutschland geführten Ermittlungsverfahren bisher überhaupt verurteilt worden. Trotzdem schmeißt die Trulla mit diesen ihr in den Mund gelegten Zahlen herum, schockierend, grausam, Kinderseelen-zerfetzend.

Damit sind wir auch gleich beim Thema Polemik, der sich die „Readers Edition“ angenommen hat:

Charakteristisch hierfür ist beispielsweise die Äußerung von der Leyens, „die Opfer werden immer jünger, die Taten immer brutaler – es ist das schiere Grauen“ (eine völlig unbewiesene Behauptung) oder die der Internetsperre zugrunde gelegte, durch jedermann als unrichtig zu belegende Annahme, man werde beständig im Internet mit kinderpornografischen Angeboten  traktiert, vor denen man als unbescholtener Bürger beschützt werden müsste.

Die Wortwahl von der Leyens ist hier permanent propagandistisch und äußerst manipulativ („Da werden durch brutale Vergewaltigungen Kinderseelen und Kinderkörper zerfetzt), und ignorieren wie selbstverständlich sexualpsychologische Erkenntnisse der letzten fünf Jahrzehnte, etwa indem kinderpornografisches Material als „Einstiegsdroge“ bezeichnet wird.

Als wäre die sexuelle Orientierung einer Person durch das ungewollte Ansehen von pornografischen Material willkürlich änderbar.  Kein Wort dagegen von neuen Therapieansätzen, der Finanzierung fachwissenschaftlicher Forschungen zum Thema oder der Verstärkung des Opferschutzes.

Kinderpornos als Mittel zum Zweck: Zensurlisten in Deutschland. Die UNICEF freut es, zum Unverständnis Vieler, werden doch missbrauchte Kinder vorgehalten um Sperrungen Zugangserschwerungen durchzusetzen. Zum Glück gibt es das Internet, so sprach sich dieser Umstand schnell herum. in Rostock wurde nun ein Verein gegründet, von einem Missbrauchten, für Missbrauchte: Christian Bahls setzt sich mit „Mogis“ gegen die Zensurmaßnahmen ein. Im ARD Nachtmagazin erklärte er einem mit dem Thema (scheinbar ebenso wie das ZDF der Politik nachplapperndem) Moderator: „Der Missbrauch der Kinder wird mit diesen Maßnahmen doch gar nicht eingedämmt, nur die Dokumentation dessen, die im Internet teilweise verfügbar ist, wird ausgeblendet.“ [..] „Das BKA ist Staatsanwalt, Polizei und Richter  in einem“. Der Moderator der Sendung hatte, bis auf das Totschlagargument „Aber ist es nicht doch ein bisschen sinnvoll, wenn wenigstens erschwert wird, an diese Sachen heranzukommen“, wenig entgegenzusetzen. Auf Christians Anmerkung, die „Sperre“ sei in 27 Sekunden umgangen, dazu gäbe es mehr als genug Anleitungen im Netz und bei YouTiube, wurde das Interview beendet. Kommentarlos.

Niemand darf diese Listen kontrollieren: Nicht der Bürger, kein Journalist, es gibt schlicht kein Kontrollorgan dafür, was mit der DNS-Sperrliste passiert. Es liegen ja in der Tat Adressen illegaler Angebote dahinter. Und das macht die ganze Geschichte zur Zensur, zumindest vorbereitend. Und kein Kind wird weniger missbraucht.

Grundgesetz
Unser Grundgesetz - Erneut als "lästiges Anhängsel" betrachtet

Wenn dem BKA schon Adressen der Angebote vorliegen, angeblich > 1000, wieso wird dann keine Strafverfolgung eingeleitet? Steht nicht in unserem Grundgesetz, Artikel 5:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Und weiter unten, Artikel 20:

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Und dann haben wir da noch das fehlende Verfahren: Wie bereits erwähnt, ist das BKA Ermittler, Vollzugsbehörde und Richter zugleich. Dem BuVeGe zufolge ist das ein Verstoß gegen die Grundsätze eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens – aber halt, es gibt ja gar kein Strafverfahren. Ist ja alles geheim. Was sagt Wikipedia zum Thema „faires Verfahren“?

Das Recht auf ein Faires Verfahren („Fair Trial„), ist eine justizmäßige Ausprägung des Rechtsstaatsprinzip. Der Grundsatz ist in Europa in Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten niedergelegt. Insbesondere im Strafrecht hat der Grundsatz große Bedeutung. In einem Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts heißt es: „Das Recht auf Verteidigung und das Recht auf ein faires Verfahren gehören zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Der Angeklagte darf nicht nur Objekt des Verfahrens sein; ihm muss vielmehr die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen“ (BVerfGE 26, 66 ff.).

Dazu zählen insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör, die Unabhängigkeit des Gerichts sowie die effektive Verteidigung durch einen Rechtsanwalt. Einzelne Ausprägungen im Strafprozess sind die Unschuldsvermutung und die Waffengleichheit zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Beschuldigten.

An diesem Punkt könnte ich glaube ich noch und nöcher mehr dazu schreiben, lasse es aber vorläufig darauf beruhen, dass es noch kein Gesetz gibt, was die Provider zwingt, dieses Verfahren einzusetzen. Lediglich geheime Verträge, von einem geheimen Gremium entworfen, haben 5 Provider unterschrieben. Gesetz soll folgen – und dann auch die Möglichkeit, das Bundesverfassungsgericht dazu anzurufen. Die jetzigen privaten Verträge würden allenfalls bedeuten, dass man seinen Providervertrag kündigen könnte- immerhin wird ja ein Eingriff in die Netzstruktur vorgenommen, ohne gesetzliche Grundlage, und der Zugang zum Internet, dessen Grundsteine auf dem DNS-System aufbauen, steht sicher ohne Ausklammerung (sprich: Manipulationserlaubnis) in jedermanns AGB. Aber dazu befragt man im Notfall besser mal einen Rechtsanwalt.

[Update]: Zum Thema Sonderkündigungsrecht durch Zensurmaßnahmen findet sich auf http://www.stud-iur.de/?p=55 ein interessanter Artikel.