Und täglich grüßt das Murmeltier, könnte man meinen.
Zunächst einmal zur Erklärung: Alle Details, die zur geplanten Kipo-Sperre bekannt waren, basierten bisher auf einem Arbeitsentwurf, der im Internet veröffentlicht wurde, und den öffentlichen Auftritten / der Präsentation in in den Median. Das öffentliche Interesse wurde geweckt, die Öffentlichkeit mit Beschwichtigungen (Es geht um KiPo, nicht um Zensurmaßnahmen usw.) ruhig gehalten. So weit so schlecht: Ein Vertrag mit den Providern Telekom, Arcor, Alice, Vodafone und O2 wurde unterzeichnet. Wolle man der Maßnahme entgehen, müsste man sich einen neuen Provider suchen. Bis es Gesetz wird: Da hilft nur noch eine Klage in Karlsruhe..
Soweit zur Auffrischung.
Nun liegt der jüngste Entwurf der Gesetzinitiative bei heise online vor. Und ratet mal! Der Entwurf enthält gravierende Änderungen – und Widersprüche entgegen der Aussagen der Initiatoren vor der Mainstream-Presse.
Ist auf dem Entwurf des „STOPP“-Schilds noch davon zu lesen, das keine IP-Adressen oder andere Daten des Aufrufenden beim BKA gespeichert werden, so beinhaltet der neue Gesetzesentwurf doch genau das: Die Zugangsanbieter sollen die STOPP-Seiten (nun) selbst hosten UND Zugriffs-IP Adressen speichern sowie auf Anfrage an das BKA weiterleiten.
Weitere gravierende Änderungen:
– War zuvor von der Sperrung von außereuropäischen Webseiten die Rede, auf die man keinen physischen Zugriff habe, so sprechen wir nun von einer Wildcard: Die Rede ist von *** „vollqualifzierten Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten„ ***.
– Mitinbegriffen nicht mehr nur kinderpornographische Angebote an sich, sondern auch Webseiten, „deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen“. Folge ich nun dem Landgericht Karlsruhe, so verweist man ja schon auf Kinderpornographie, wenn man auf ein Blog verweist, das auf Wikileads verweist. Oder so ähnlich. Ergo: Der ungehinderten, weitgehend unbemerkten Zensur wird Tür und Tor geöffnet.
– Zudem sollen die Provider eine anonyme Statistik erstellen und dem BKA zugänglich machen.
– Technisch gesehen wird eine Sperrung auf Ebene des DNS verlangt – den Providern ist es aber erlaubt, selbst kreativ zu werden: Sie dürfen auch beliebige andere Wege zur Sperre einrichten.
– Zu guter letzt begründet die Regierung das Gesetz mit der angeblich um 111% angestiegenen Besitzverschaffung kinderpornographischen Materials. „Bilder im Internet würden zunehmend Gewaltausübungen gegen Kleinkinder oder sogar Kleinstkinder zeigen [ Hey, Föten fehlen! ], „die schwer missbraucht und misshandelt werden“. Der Großteil der Kinderpornographie im Web werde mittlerweile über kommerzielle Server verbreitet, die in Drittländern außerhalb der EU lägen“. Diese These wurde von diverser Fachpresse, ausführlich durch die c’t Ausgabe 09/09, wiederlegt.
Sei’s drum, merkt das dumme Wahlvolk schon nicht.