Hartz IV – Bezieher: Zwangsarbeit in Pflegeheim, Krankenhaus, Kinderbetreuung

Nach der Aussetzung der Wehrpflicht, die ab 1. Juli in Kraft tritt, gibt es, um die ausbleibenden Zivis zu ersetzen, einen Freiwilligendienst. 35.000 Freiwillige im Jahr sollen die Zivildienstleistenden in Krankenhäusern, Pflegeheimen etc. ersetzen, so sieht es die Regierung vor.  Doch woher nehmen wir diese Freiwilligen, wenn sich nicht genug Personen melden?

Na klar, aus dem riesen Pool von meist unfreiwilligen ALGII-Beziehern.

Das ist dann zwar nicht mehr ganz so freiwillig, aber hey, der Zweck heiligt die Mittel, oder? Die CDU-Politiker Carsten Linnemann und Peter Tauber lassen derzeit vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages an den rechtlichen Grundlagen für einen Einsatz der Hartz IV-Bezieher arbeiten und prüfen. Linnemann:

„Es darf keine Denkverbote geben“

Genau. Sollte es aber, für Menschen, die glauben, anderen, hilfebedürftigen Menschen sei damit geholfen, Zwangsarbeiter zu ihrer Pflege und Hilfe zu schicken. Linnemann weiter:

„Hartz IV-Beziehern sollte zugemutet werden können, auch in Alten-, Pflegeheimen und Krankenhäusern zu arbeiten, um mögliche personelle Engpässe zu überbrücken.“

Ich weiß nicht, ob Herr Linnemann einen solchen Job schon einmal gemacht hat – ich jedenfalls als junger Mann, der sich mit um seine Alzheimer-kranke Oma hat kümmern müssen – zu Hause. Und ich kann berichten, so eine Aufgabe kann niemandem vom System aufgezwungen werden, niemals. Nicht nur, dass sich lange nicht jeder Mensch psychologisch für eine solche Betreuung eignet, auch ist es fraglich, wie Angehörige oder die zu betreuenden Personen selbst das fänden, wenn ihr teuer bezahlter Krankenhaus- / Pflegeheim-Aufenthalt von 1-Euro-Hartz IV-Beziehern, unterqualifiziert und unter Zwang begleitet würde.

Otto Wulff, Chef der Senioren-Union, sagte:

„Ich begrüße den Vorstoß der Kollegen aus der Fraktion. Selbstverständlich muss Hartz IV-Empfängern zugemutet werden können, auch im sozialen Bereich zu arbeiten – zumal dann, wenn sich Befürchtungen bestätigen sollten, dass es zum Sommer nicht genügend Bewerber für den neuen Bundesfreiwilligendienst gibt. Soweit eine ergänzende gesetzliche Regelung in Bezug auf den Bundesfreiwilligendienst notwendig ist, bin ich – bevor wir einen Pflegenotstand haben – sehr dafür.“

Hartz_IV

Und auch hier frage ich mich, ob Herr Wulff das für sich so angenehm empfinden würde, ob er sich des Ausmaßes seiner Forderungen bewusst ist. Wie kann man, von den Sorgen um die zu betreuenden Patienten abgesehen, Menschen einen Job aufzwingen, der nicht nur psychologische Eignung, sondern auch Fachkenntnisse und Ausbildung voraussetzen? Selbst wenn man solche Arbeitslose „nur“ in „niedere“ Tätigkeiten schicken würde – also, um es salopp zu schreiben, Kotze aufwischen, Scheiße wegmachen – haben die Herren Politiker schon einmal was davon gehört, dass auch für eine solche Arbeit lange nicht jeder Mensch geeignet ist? Also ich würde es nicht tun können ohne mich zu übergeben.

Nun sind Kliniken und Heime nicht die einzigen Institutionen, in denen Zivis eingesetzt wurden. Auch Hausaufgabenhilfen, Kinderbetreuung, Katastrophenschutz und etlicher weitere Bereiche fallen in ein Loch, wenn nicht genügend Bewerber für den Freiwilligendienst gefunden werden. Auch hier ist es nicht nur fragwürdig, sondern undenkbar, Arbeitslose zu zwingen diese Aufgabe zu erfüllen. Mein Kind soll nicht von einem arbeitslosen lernen, wie der Staat die Menschen immer weiter einschränkt, zu Aufgaben und Jobs zwingt, unter der Androhung, ihnen das Lebensnotwendigste vorzuenthalten oder zu kürzen.

Nein Danke.

 

2 Antworten zu „Hartz IV – Bezieher: Zwangsarbeit in Pflegeheim, Krankenhaus, Kinderbetreuung“

  1. Avatar von Stefan Jacobi